Olympus: Verschleierte Verluste stammen aus Spekulationen

Der fast 40seitige Untersuchungsbericht schlüsselt die über fast zwei Jahrzehnte laufenden Vorgänge detailliert auf. Hier eine notwendigerweise vereinfachte Darstellung der Ereignisse:

Mitte der 80er Jahre ging unter der Ägide des damaligen Präsidenten Toshiro Shimoyama der Unternehmensgewinn von Olympus durch den damals rasant steigenden Kurs des japanischen Yen deutlich zurück. Shimoyama setzte darum auf spekulative Finanzanlagen, um die fehlenden Erträge auszugleichen. Als in den 90er Jahren die japanische Wirtschaftsblase platzte, war dieser Plan hinfällig – anstelle von Gewinnen waren hohe Verluste entstanden, die das damalige Olympus Management durch Investitionen in weitere hochspekulative Finanzprodukte zu kompensieren versuchte. Der Schuss ging nach hinten los: die Verluste erhöhten sich nunmehr auf umgerechnet fast 1,3 Milliarden US-$.

In der Bilanz von Olympus fielen diese Verluste deshalb nicht auf, weil es in Japan zu diesem Zeitpunkt nicht unüblich war, Finanzanlagen mit dem Wert in die Bilanz einzustellen, den sie zum Zeitpunkt ihres Erwerbs gehabt hatten. Nachdem Ende der 90er Jahre die Bilanzierungsrichtlinien für börsennotierte Unternehmen verändert wurden, waren diese Finanzanlagen zu ihrem aktuellen Kurs zu bewerten. Olympus hatte also ein Problem.

Noch unter der Führung des damaligen Präsidenten Masatoshi Kishimoto arbeiteten die Manager Hisashi Mori, Hideo Yamada, Makoko Nakatsuka und der zwischenzeitlich zum Finanzgeschäftsführer ernannte spätere Präsident Tsuyoshi Kikukawa einen Plan aus, um die Verluste zu verschleiern. Dazu kauften unabhängige Investoren, darunter die später mit einer Firma auf den Cayman Inseln in Verbindung gebrachten japanischen Finanzmanager, die faulen Wertpapiere zum überhöhten Buchwert auf. Finanziert wurden die Transaktionen von verschiedenen europäischen und asiatischen Banken mit Krediten, die Olympus mit guten Wertpapieren, darunter japanische Staatsanleihen, absicherte.

Der Erwerb dreier japanischer Firmen zu weit überhöhten Preisen und die anschließende rasante Abschreibung dieser Unternehmenswerte sowie die astronomisch hohen Provisionszahlungen im Zusammenhang mit der Übernahme des britischen Medizintechnik-Hersteller Gyros dienten anschließend dazu, unter Führung des inzwischen zum Präsidenten ernannten Tsuyoshi Kikukawa diese Kredite zurückzuzahlen.

Ohne dass es im Bericht ausdrücklich erwähnt wird, sind diese Transaktionen dem gefeuerten Olympus Chef Michael Woodford im Spätsommer dieses Jahres zu einem Zeitpunkt aufgefallen, wo das Problem aus Sicht seiner Verursacher sozusagen gelöst war. Fest steht: Olympus wird Bilanzen bis in die 90er Jahre hinein berichtigen müssen. Die rechtliche Verantwortlichkeit der beteiligten Personen, darunter die Ex-Präsidenten Shimoyama, Kishimoto und Kikukawa sowie die Top-Manager Yamada und Mori, soll geprüft werden. Zudem empfiehlt die Untersuchungskommission dem Unternehmen einschneidende Veränderungen in den Management-Strukturen und in der Unternehmenskultur, um derartige Vorfälle für die Zukunft auszuschließen.

Olympus hat den Bericht der Untersuchungskommission, die von einem ehemaligen Richter am höchsten japanischen Gericht geführt wurde, veröffentlicht und die Abgabe des Berichtes über das zweite Quartal des laufenden Geschäftsjahres bis zum 14. Dezember angekündigt. Die Einhaltung dieses Termins ist zwingend, um eine automatische Auslistung der Olympus Aktien von der Tokioter Börser zu verhindern. Ob und welche Sanktionen gegen Olympus wegen der Manipulationen verhängt werden, ist zur Zeit noch offen.