Die bisherigen Maßnahmen der Politik zur Entbürokratisierung kommen bei den Handelsunternehmen in Deutschland nicht an. Das zeigt eine aktuelle Umfrage des Handelsverbandes Deutschland (HDE) unter rund 500 Unternehmen aus der Branche. Demnach klagen 89 Prozent der Befragten über hohe oder sehr bürokratische Belastungen. 97 Prozent sehen sich von einem weiteren Aufbau von Bürokratie in den letzten fünf Jahren betroffen.
„Bürokratieabbau ist seit Jahrzehnten ein beliebtes Schlagwort auf allen politischen Ebenen”, sagte HDE-Präsident Alexander von Preen. „Die aktuelle Bundesregierung hat große Anstrengungen unternommen, die Bürokratie zu reduzieren und die Unternehmen so zu entlasten. Doch offenbar ist davon in der Praxis noch nicht viel angekommen. Zudem erwartet uns alle noch ein regelrechter Verordnungs-Tsunami aus Brüssel.“
Die aktuelle HDE-Umfrage macht deutlich, dass sich 97 Prozent der Handelsunternehmen von einem Zuwachs an Bürokratie in den letzten fünf Jahren konfrontiert sehen, fast zwei Drittel sprechen in diesem Zusammenhang sogar von einer deutlichen Erhöhung der Lasten. „Es muss zu denken geben, dass die Handelsunternehmen trotz aller Bemühungen um Entlastungen unter dem Strich immer mehr Bürokratie zu spüren bekommen“, betonte von Preen. Dabei schreibt knapp mehr als die Hälfte der Befragten die meiste Bürokratie der Bundesebene zu, ein Viertel sieht die EU ganz vorne.
Besonders gegängelt fühlen sich die Händlerinnen und Händler durch Dokumentations- (74 Prozent) und Berichtspflichten (71 Prozent). Letztere sind zusammen mit den EU-Regeln besonders für größere Unternehmen ein Ärgernis, im Mittelstand stehen dagegen steuerrechtliche Anforderungen im Fokus. Vor allem in den Bereichen Personal (77 Prozent) und Steuern (69 Prozent) geht es dem Handel zu bürokratisch zu. Auch das Datenschutz- (73 Prozent) und Arbeitsrecht (61 Prozent) sind angesichts der vielen Vorgaben und Arbeitgeberpflichten oft Hindernisse im Arbeitsalltag der Unternehmen.
„So kann es nicht weitergehen” stellte von Preen fest. „In den letzten Jahren gab es gute Ansätze, aber es reicht nicht. Wir brauchen mutigere und größere Schritte bei der Entbürokratisierung.” Bei der Arbeitszeit gehe es um mehr Flexibilisierung, die starre tägliche Höchstarbeitszeit werde den Anforderungen der digitalisierten Arbeitswelt nicht mehr gerecht. Es brauche direkt im Arbeitszeitgesetz den Wechsel hin zu einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit. Mit Blick auf die Arbeitszeitdokumentation sollte eine schlankere Lösung gefunden werden, was auf eine Entschlackung der damit verbundenen Pflichten hinauslaufe. Zudem sei es notwendig, die zusätzlichen nationalen Regelungen im Bundesdatenschutzgesetz zur Benennung eines Datenschutzbeauftragten zu streichen, erklärte der HDE-Präsident. Dann würden EU-weit einheitlich die Regelungen der DSGVO gelten.