Der Debatte über die mögliche Neubesetzung des Vorstandsvorsitzes von Cewe ist am Wochenende eskaliert. Am 17. März hatte der Vorsitzende des Kuratoriums der Neumüller Cewe Color Stiftung, Dr. Rolf Hollander, über die mehrheitliche Entscheidung des Gremiums informiert, den Vertrag des derzeitigen Vorstandsvorsitzenden, Dr. Christian Friege, nicht über den 31.12.2022 hinaus zu verlängern. Wenige Minuten später drückten der Aufsichtsrat und die Erben des Unternehmensgründers ihr Bedauern über diese Entscheidung aus. Am Abend des 1. April hat die Mehrheit des Kuratoriums ihre Entscheidung nochmals begründet und schwere Vorwürfe gegen Friege erhoben. Cewe widersprach am 3. April in einer IR Meldung Teilen der in der Pressemitteilung des Kuratoriums veröffentlichten Aussagen.
Die Pressemeldung vom 1. April hatte folgenden Wortlaut:
„Die am 17.3.22 getroffene Mehrheitsentscheidung des Kuratoriums der Neumüller Cewe Color Stiftung, den Vertrag von Vorstandschef Christian Friege nach Ablauf am 31.12.2022 nicht zu erneuern, hat intern und extern zu einer Reihe von Fragen geführt. Der Vorsitzende des Kuratoriums, Rolf Hollander, ist deshalb vom Kuratorium beauftragt worden, für folgende Klarstellung zu sorgen.
Trotz der durchaus akzeptablen bis guten Arbeit Frieges, die letzthin 2021 zu leicht rückläufigen Ergebnissen geführt hat, haben sich beim Kuratorium seit längerer Zeit Bedenken gegen Frieges Leistungen und gegen sein Verhalten herausgebildet. Zwei Drittel der Kuratoriumsmitglieder sind der festen Überzeugung, dass Friege nicht mehr das nötige uneingeschränkte Vertrauen für eine Vertragsverlängerung hat – aus persönlichen wie aus inhaltlichen Gründen. Auch bei einem insgesamt gut positionierten Geschäftsmodell und der beliebten Marke Cewe sieht das Kuratorium in einem von immer aggressiver agierender Konkurrenz bedrohten Markt ein dynamischeres Handeln der Gruppe mit neuen gewinnversprechenden Impulsen für erforderlich.
Dass Christian Friege das gesellschaftlich und cewe-intern bedeutende Thema Frauen im Vorstand und weiteren leitenden Funktionen nicht erkannt und implementiert hat, ist nach Überzeugung des Vorsitzenden Rolf Hollander ein unentschuldbares Versäumnis. Friege habe die Notwendigkeit der Förderung der Diversität im Unternehmen sowie den Prozess der Berufung einer Frau als Vorständin Personal und Organisationsentwicklung durch das Kuratorium nicht forciert sondern im Gegenteil massiv behindert. Außerdem habe er eine von Cewe-Mitarbeiterinnen getriebene Initiative der Frauenförderung innerhalb des Unternehmens nicht unterstützt. Dies zeigt, wie unwichtig für Christian Friege Frauenförderung auf allen Ebenen der Cewe-Gruppe ist.”
Unter der Überschrift „Cewe steht für Werteorientierung” nahm das Unternehmen am 3. April zu Teilen der Vorwürfe Stellung. Hier ist der Text:
„Nach der jüngsten Veröffentlichung des Kuratoriums der Neumüller Cewe Color Stiftung stellt die Cewe Stiftung & Co. KGaA heraus, dass das Unternehmen für eine nachhaltige Werteorientierung und Diversität steht. Zwischen 2017 (Jahr der Amtsübernahme Frieges als CEO – d. Red.) und 2021 stieg die Anzahl der Frauen in Führungspositionen um mehr als 50 Prozent von 95 auf 146. Auf der Geschäftsführungsebene wurde die Hälfte der neu zu besetzenden Positionen mit Frauen besetzt. Insgesamt beträgt der Anteil der Frauen im Unternehmen 48,5 Prozent (31.12.2021). Die Förderung von Frauen in Führungspositionen spiegelt sich in der Diversität bei der Stellenbesetzung wider.
Dieses Signal ist Cewe insbesondere wichtig, um möglichen Bewerberinnen und Bewerbern ein faktenbasiertes Bild zu vermitteln. Die Ernennung von Vorstandsmitgliedern liegt in der Verantwortung des Kuratoriums der Neumüller Cewe Color Stiftung. Cewe steht für eine werteorientierte, nachhaltig ausgerichtete Führung. Dabei berücksichtigt das Unternehmen sowohl die Interessen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch der Kundinnen und Kunden sowie der Aktionärinnen und Aktionäre. So hat Cewe in den vergangenen zehn Jahren sowohl unter der Führung von Dr. Rolf Hollander als auch unter Dr. Christian Friege nicht nur seine europäische Marktführerschaft ausgebaut und die höchsten Umsätze, Ergebnisse und Dividenden in seiner Unternehmensgeschichte erwirtschaftet, sondern stets auch Spitzenergebnisse in der Mitarbeiterbefragung ,Great Place to work’ erzielt.”