Canon sieht Wachstum in allen Geschäftsbereichen: „Imaging bewegt die Welt”

Auf einem der größten Stände auf der drupa zeigte Canon sein umfassendes Portfolio von Hard- und Software für die Druckbranche.

Canon ist in Deutschland gut ins Jahr 2024 gestartet und will den erfolgreichen Weg auch in den kommenden ­Monaten fortsetzen, um in allen Geschäftsbereichen ­Marktanteile zu gewinnen. Dafür zeigt das Unternehmen verstärkt auf wichtigen Veranstaltungen Flagge, zuletzt z. B. auf dem OMR Festival in Hamburg und der drupa in Düsseldorf. Im August geht es auf der Gamescom in Köln weiter. imaging+foto-contact hat mit Rainer Führes, CEO von Canon Deutschland, und Guido Jacobs, Country ­Director Imaging Technologies & Communications Group DACH bei Canon Deutschland, darüber gesprochen, welche Prioritäten sie im laufenden Jahr setzen wollen und welche ­Strategien derzeit im Vordergrund stehen, um Canon auf dem deutschen Markt weiter voranzubringen. Dabei ging es auch um die Perspektiven für das Kamera-Geschäft und die Lage nach der Absage der Photopia Hamburg.

imaging+foto-contact: Wie hat das Jahr 2024 für Canon Deutschland als wichtigste Vertriebsorganisation von Canon in der Region EMEA begonnen?

Rainer Führes: Angesichts des, wie Sie wissen, komplexen wirtschaftlichen Umfeldes sind wir zufrieden. Canon ist in Deutschland – wie auch in anderen Ländern – sehr gut durch die Pandemie gekommen. Deshalb sind wir in der Lage, trotz der zahlreichen Herausforderungen zu wachsen und unsere Marktanteile auszubauen. So sind wir auch in das Jahr 2024 entsprechend gestartet. Dazu tragen neben unseren hervorragenden Produkten und Marketing-Strategien auch maßgeblich unsere Partner im Fotohandel bei, und das motiviert uns, auch in Zukunft in innovative Produkte zu investieren. Die Nachfrage nach Büro-Multifunktionsgeräten und Kameras blieb trotz der politisch und wirtschaftlich motivierten Zurückhaltung bei Investitionen stabil, und wir gehen davon aus, dass sich dieser Trend im weiteren Jahresverlauf fortsetzen wird. 

imaging+foto-contact: Kameras und Objektive sind bekanntlich nur ein Teil des Canon Portfolios, das auch Drucker für Zuhause sowie Drucklösungen für Büros und gewerbliche Anwendungen bis zum Produktionsdruck umfasst. Welche dieser Bereiche sind für den Geschäftserfolg von Canon am wichtigsten?

Rainer Führes:  (lacht) Alle! Im Ernst, das ist tatsächlich nicht leicht zu beantworten. Das Kamerageschäft ist ein enormer Imageträger, weil unsere Kameras und Objektive auch den privaten Anwender emotional und sehr direkt erreichen. Wir dürfen uns über eine enorme Fangemeinde freuen, deren Herz für unsere Marke schlägt. Rund 120 Kolleginnen und Kollegen sorgen in der DACH-­Region dafür, dass das auch so bleibt, und ich bin sehr stolz auf unser Team. Eine marktführende Position in diesem Bereich zu behaupten, ist eine Herausforderung, der sich diese Menschen immer wieder aufs Neue stellen. 

Multifunktionssysteme und Workflow-Lösungen sind zwar weniger emotional aufgeladen, aber sie sorgen für reibungslosen Betrieb im Büro und damit für den Geschäftserfolg unserer Kunden. Die Digitalisierung der Arbeitswelt nimmt am Multifunktionsgerät über den Scan ihren Anfang und endet wieder hier, wenn digitalisierte Dokumente den Weg auf’s Papier finden, ohne ­digitale Workflows wäre Arbeiten im Home-Office schlichtweg unmöglich. Das ist ein wichtiger Geschäfts­bereich, und auch hier sind es die Menschen, die den Erfolg ausmachen. 

Der Produktionsdruck ist zwar auch durch Hardware gekennzeichnet, die wir gerne selbst auch als „Heavy Metal“ bezeichnen, aber der Output ist wieder sehr emotionalisiert: Poster und Kunstdrucke, hochwertige Bücher, dekorative Tapeten, leuch­tende Displays, individuelle Bodenbeläge, Kataloge und Broschüren, Etiketten und Verpackungen. Über 900 Kolleginnen und Kollegen arbeiten mit sehr viel Herzblut dafür, dass sich der Geschäftsbereich Druck erfolgreich weiterentwickelt. Den einen Bereich vor den anderen zu stellen, wäre jedoch sicherlich verfehlt im Sinne der Entwicklung unseres gesamten Unternehmens. 

imaging+foto-contact: Wenn dieses Interview erscheint, wird die drupa in Düsseldorf als weltweit größte Messe für die Druck­branche zu Ende gegangen sein. Welche Produkte stellt Canon bei seinem Messeauftritt im Mittelpunkt?

Rainer Führes: Wir zeigen auf 3.700 Quadratmetern, also auf ungefähr der Hälfte eines Fußballfeldes, Systeme aus jedem Bereich unseres Produktionsdruck-Portfolios. Das sind Commercial Print, Promotional Communication, Book + Publishing Print, Inhouse und AEC&M, Interior Décor und Labeling & Packaging. Eine ­solche Bandbreite kann kein ­anderer Hersteller bieten, und natürlich hat jeder Bereich sein eigenes Highlight mit Neuvorstellungen und spannenden Anwendungsbeispielen. Ich bin sicher, dass wir auf der drupa einmal mehr deutlich machen, wofür wir mit unserem Markenversprechen stehen: Wir inspirieren Menschen mit unseren Imaging-Lösungen. 

Die große Bandbreite an Anwendungen, die wir auf der Messe nebeneinander zeigen können, demonstriert einmal mehr die visuelle Kraft der Bilder, die wir nicht nur mit unseren Kameras aufnehmen, sondern auch mit unseren Druck­lösungen lebendig werden lassen.

Deswegen zeigen wir auf der Drupa auch unsere neue Brand Kampagne „World Unseen“. Wie können wir ­Bilder für Menschen sichtbar machen, die nicht sehen können – das ist die zentrale Fragestellung dieser Kampagne. Was zunächst wie ein Widerspruch wirkt, wird mit unseren Technologien möglich und definiert das Sehen neu. Unsere aufwändige Reliefdrucktechnik schafft es, dass Bilder auch für blinde oder Menschen mit eingeschränktem ­Sehvermögen erlebbar werden. 15 Fotografien von bekannten Canon-­Ambassadors und Fotografinnen und Fotografen werden so auf eine neue Art zugänglich gemacht.

imaging+foto-contact: Ist im Zeitalter des Internets und der virtuellen Kommunikation eine Messe wie die drupa, auf der mit großem Aufwand Drucksysteme präsentiert werden, überhaupt noch zeit­gemäß? Warum haben Sie sich für die Beteiligung in Düsseldorf entschieden? Welche Erwartungen haben Sie an diese Veranstaltung?

Rainer Führes: Gerade Investitionsgüter dieser Dimensionen – beim Druck reden wir über Größenordnungen von bis zu mehreren Millionen für ein System und Ausmaßen von über 20 Metern Länge – brauchen eine Plattform, auf der Unternehmer die Systeme live erleben ­können. Und zwar nicht nur als Ausstellungsstücke, sondern im Produktionsbetrieb. Der Aufwand für eine solche Messe ist zwar enorm, aber der Nutzen für die Besucher ist unvergleichlich. Nirgendwo sonst können Investoren die ganze Bandbreite der Hersteller und ihrer Lösungen so intensiv begutachten und Impulse und Inspiration für ihr Geschäftsmodell sammeln. Es steht außer Frage, dass wir als Keyplayer der Branche hier nicht fehlen wollen. Die drupa stellt den Absprungpunkt für die Entwicklung der kommenden Jahre dar. Deshalb stellen wir auf einem der größten Stände der Messe unter Beweis, dass wir mit unseren Innovationen, aber auch mit unseren Teams weiterhin die besten Wegbegleiter für eine positive Geschäftsentwicklung unserer Partner sein werden. Und, um ehrlich zu sein, nach pandemiebedingter Zwangspause, haben wir nach acht Jahren einfach eine Riesen-Lust auf die ­drupa. 

imaging+foto-contact: Das ­Thema Messe ist ja auch in der Fotobranche derzeit in aller ­Munde, nachdem die Messe ­Hamburg überraschend entschieden hat, die mit großen Hoff­nungen gestartete Photopia ­Hamburg nicht fortzusetzen. Ist damit das Thema Messe für die Fotobranche erledigt? Zumal es ja nach der Auflösung des Photo­industrie-Verbands ja auch keine Branchenorganisation mehr gibt, die als ideeller Träger fungieren könne.

Rainer Führes (rechts) und Guido Jacobs sind zuversichtlich, auch in diesem Jahr Markt­anteile für Canon gewinnen zu können.

Guido Jacobs: Die Photopia in ­Hamburg hat gezeigt, wie wichtig ein Leuchtturm-Event für unsere Branche ist. Die Absage der ­Photopia wirkt daher eher wie ein Katalysator für neue Ideen, neue Konzepte, neue Konstellationen.  Events dieser Art sind essenziell, um die Faszination für Fotografie erlebbar zu machen. Heute geht es nicht mehr allein um die technischen Features, sondern mehr darum, wie ich diese Technik in kreatives Erleben umsetze und Fotos mache, die eine Geschichte erzählen, die Tiefe haben, die begeistern. Es geht um das Miteinander und darum, voneinander zu lernen. Smarte Kunden von heute wollen nicht nur mit Fakten überzeugt werden, sondern auch mit Emotionen. Und das geht am besten, wenn man zusammenkommt und in den persönlichen Austausch geht. 

Noch ein Satz zum Photo­industrie-Verband:  Natürlich geht mit dem Ende des PIV eine Institution mit langer Tradition in der Imaging-­Branche verloren, aber die Branche lebt. Ein neues Event ist deshalb nicht vom Verband als ideellem ­Träger abhängig, sondern vom ­Willen der Industrie und Veranstalter.

imaging+foto-contact: Welche Zielgruppen sollte eine solche Leuchtturm-Veranstaltung Ihrer Meinung nach ansprechen? Geht es nur um die Ansprache der Konsumenten oder auch um die Etablierung einer Business-Plattform, die den Handel ebenso anzieht wie Druckdienstleister und pro­fessionelle Fotografen, Content Creator usw.?

Guido Jacobs: Das Konzept von der Photopia war richtig. Die Mischung aus Community-Festival, B2B-Konferenz mit Keynotes und Vorträgen und klassisch Touch&Try war das, was die Veranstaltung aus- und einzigartig gemacht hat. Das haben auch zuletzt die verdoppelten Besucherzahlen bestätigt. Deswegen glauben wir, dass unterschiedliche Zielgruppen von einer solchen Veranstaltung profitieren können. Es sollte somit ein Event sein, das B2C- und B2B-Publikum anspricht sowie den Handel, Dienstleister, Distributoren, Medienvertreter und Hersteller zusammenbringt.  Wichtig ist, dass alle Marktteilnehmer das Potenzial erkennen und eine Veranstaltung dieser Art für nachhaltigen Erfolg gemeinsam gestalten. 

imaging+foto-contact: Könnte eine solche Plattform – wie früher die photokina – Menschen nicht nur fürs Fotografieren und die Aufnahme-Technik begeistern, sondern auch für den Fotodruck, zu Hause oder über Fotofinisher, für die Canon ja auch Digitaldruckmaschinen anbietet?

Guido Jacobs: Wir verstehen Imaging ganzheitlich, da wir der einzige Anbieter im Markt sind, der sowohl die Aufnahme als auch die andere Seite der Fotografie, nämlich den Druck, abbilden können. Deswegen sollte solch eine Plattform unbedingt auch das Thema Fotodruck ­abbilden. 

Mit Auftritten auf erfolgreichen neuen Events wie dem OMR Festival in Hamburg adressiert Canon jüngere Zielgruppen.

imaging+foto-contact: Gibt es bereits Pläne für eine solche Veranstaltung?

Guido Jacobs: Derzeit ist es noch zu früh, darüber Auskunft zu geben, es werden jedoch an allen Stellen Ideen ausgetauscht und alternative Konzepte für eine solche Veranstaltung besprochen.

imaging+foto-contact: Auch die Konjunktur der Imagig-Branche ist vom allgemeinen wirtschaftlichen Umfeld abhängig. Gerade in Deutschland ist die Situation derzeit durchaus angespannt. Wie blickt Canon auf diese Lage? Gibt es spezielle Herausforderungen, vor denen Sie als Unternehmen stehen? Unterscheiden sich diese nach den einzelnen Geschäftsbereichen?

Rainer Führes: Wir befinden uns aktuell in einer Art Polykrise – der Krieg in der Ukraine, der Klimawandel, Sanktionen und Handelskriege, die Nachwehen der Corona-Pandemie und Preiserhöhungen betreffen und beschäftigen uns natürlich alle – im privaten wie im beruflichen Kontext gleichermaßen. Wir sehen, dass dies zu einer eher zurückhaltenden Investitionsbereitschaft bei unseren Kunden führt – dies ist bei beiden Geschäftsbereichen gleich. Wenn jedoch investiert wird, dann in Qualität. Dafür steht unsere Marke. Sowohl in unserer B2B- als auch in der B2C-Sparte werden wir durch Produkteinführungen im zweiten Halbjahr starke Kaufimpulse setzen. Deshalb sehen wir weiterhin Wachstum und sind zuversichtlich, die Ziele, die wir uns gesetzt haben, zu erreichen.  

Aber, wie auch immer sich das politische und wirtschaftliche Umfeld entwickelt, Imaging bewegt die Welt. Ganz gleich ob es um Unterhaltung, Information, Kommunikation, Archivierung oder Netzwerken in Social Media geht, Imaging ist der Kern von allem. Und Canon ist der Kern des Imaging.  

imaging+foto-contact: Noch eine Frage zum Kamera-Geschäft: Im Fotohandel setzt sich der Trend fort, dass zwar weniger, aber immer teurere Kameras verkauft werden. Sehen Sie Möglichkeiten, wieder breitere Zielgruppen für das Fotografieren mit einer Kamera zu begeistern? Wird es Kommunikations- und Marketing-Maßnahmen von Canon in dieser Richtung geben? Auch wenn Sie wahrscheinlich nicht konkret antworten können: Auf welche Innovationen von Canon kann sich der Fotohandel in diesem Jahr freuen?

Guido Jacobs: Wie auch in den letzten Jahren wird unser Fokus weiterhin auf dem Ausbau des EOS R-Systems liegen. Wir haben ja bereits die Entwicklung der EOS R1 angekündigt. Sport- und Wildlife-­Fotografen dürfen sich also auf das neue Modell freuen. Bei der Markteinführung wird natürlich der Fotohandel eine tragende Rolle spielen, und unsere Partner können sicher sein, dass wir die Markteinführung mit passenden Retail-Marketingmaßnahmen unterstützen werden. 

Was das Kamerageschäft angeht, können wir den Trend hinsichtlich der Nachfrage nach hochwertigen Kameras, die starke Kaufimpulse setzen, bestätigen. Insgesamt entwickelt sich der Markt also stabil. Gerade im Bereich der Content Creation, insbesondere Bewegtbild, sehen wir jedoch Potenzial, auch Märkte weiter zu erschließen, in denen sich vornehmlich jüngere Zielgruppen finden. Insgesamt sehen wir mehr Chancen als Herausforderungen für unsere Branche. Es wird darum gehen, den Kuchen größer zu machen, die Nachfrage an Kameras auch bei denen zu steigern, die bislang zwar bildaffin, allerdings noch nicht mit einer Kamera unterwegs sind.

Wir sprechen insofern auch von einer Verjüngung des Marktes. Erste Schritte in diese Richtung haben wir bereits mit der Teilnahme am All Ear Summit von Spotify in Berlin, dem OMR-Festival in Hamburg und der kommenden Gamescom in Köln auf den Weg gebracht.

imaging+foto-contact: Herz­lichen Dank für dieses Gespräch.