Mit Anordnung der Eigenverwaltung wird AgfaPhoto von der eigenen Geschäftsführung geleitet. Sie besteht aus dem Sanierungsfachmann Hans-Gerd H. Jauch und Wilfried Sill, den der Aufsichtsrat mit Wirkung zum 1. August 2005 in die Geschäftsführung bestellt hat.
Sill (52) war von 1977 bis zur Gründung der AgfaPhoto GmbH im November 2004 bei dem damaligen Mutterkonzern Agfa Gevaert in verschiedenen Funktionen in Leverkusen, in Belgien und mehrmals in den USA tätig. Er kennt den Film- und Fotomarkt ebenso gut wie das Unternehmen und hat diverse Restrukturierungsprozesse sowohl auf Betriebs- als auch auf Konzernebene verantwortet.
Die bisherigen Geschäftsführer der AgfaPhoto GmbH, Eddy Rottie und Ingbert Schmitz, hatten bereits am 22. Juli 2005 angekündigt, ihre Mandate bei der AgfaPhoto GmbH mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens zum 1. August 2005 niederzulegen, und sich voll auf ihre Verantwortlichkeiten in den – nicht insolventen – Vertriebsgesellschaften der AgfaPhoto Gruppe zu konzentrieren.
"Die Anordnung der Eigenverwaltung ist wegen der Vergleichbarkeit zu dem international bekannten Fortführungsverfahren nach Chapter 11 ein deutliches Signal für die Märkte und erhöht die Chancen unserer Traditionsmarke an den Märkten erheblich", kommentierte Jauch die Entscheidung des Insolvenzgerichts.
Auch Dr. Andreas Ringstmeier begrüßte die Entscheidung des Kölner Amtsgerichts als besonderes Signal für den Gläubigerschutz: "Geschäftsführung und Sachwalter werden auch weiterhin mit aller Kraft gemeinsam im Team dafür eintreten, das Unternehmen nachhaltig zu sanieren. Wir wollen die Kenntnisse der am Markt etablierten Mitarbeiter und unserer Vertriebsgesellschaften optimal für die Fortführung von AgfaPhoto nutzen."
Der Sachwalter kann Rechtshandlungen anfechten, wenn sie für die Insolvenzgläubiger nachteilig sind. Die Insolvenzgläubiger haben nun ihre Forderungen beim Sachwalter bis zum 16. September 2005 anzumelden, der diese in die Insolvenztabelle einträgt.
Das Amtsgericht Köln hat für den 11. Oktober 2005 einen Berichtstermin anberaumt. Dort hat die Gläubigerversammlung auf Grundlage eines Berichts der Geschäftsführung und der Stellungnahme des Sachwalters über den Fortgang des Insolvenzverfahrens und weitere Verfahrensfragen zu beschließen. Zu den Gründen der Insolvenz soll erstmals auf dieser Gläubigerversammlung Stellung genommen.
In dem vom Amtsgericht Köln auf den 9. Dezember 2005 anberaumten Prüfungstermin werden die Forderungen, die die Gläubiger gegen die AgfaPhoto GmbH geltend machen, geprüft und beschieden.
Der heute unterschriebe Interessenausgleich und Sozialplan beinhaltet, daß nun 707 von 1 787 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der AgfaPhoto GmbH in Deutschland bis zum Ende des dritten Quartals 2005 für die Dauer von 12 Monaten der Wechsel in eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft angeboten wird. Während dieser 12 Monate wird das Gehalt 90 Prozent des bisherigen Entgelts betragen, die Mitarbeiter haben Anspruch auf 30 Urlaubstage.
Des Weiteren haben Geschäftsführung und Gesamtbetriebsrat vereinbart, an den Standorten Leverkusen und Köln statt mit derzeit 927 Beschäftigten im Insolvenzverfahren mit 597 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weiter zu arbeiten. Im Münchner Werk der AgfaPhoto GmbH werden zukünftig noch 168 statt derzeit 298 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt werden können. Für den Standort Windhagen im Westerwald wurde ein Personalabbau von 129 Beschäftigten von derzeit 250 Mitarbeitern auf 121 Mitarbeiter vereinbart. Am bayrischen Standort Peiting wird 76 von 177 Mitarbeitern der Wechsel in die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft angeboten. Im württembergischen Vaihingen/Enz werden künftig noch 40 statt der bisher 82 Angestellten beschäftigt sein.
Da für den Standort Rottenburg in Bayern bereits vor dem Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens die unternehmerische Entscheidung getroffen wurde, die Produktion zum 31. Dezember 2005 einzustellen, kann den 53 Mitarbeitern in Rottenburg der Wechsel in die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft nicht angeboten werden.
Die 50 Auszubildenden der AgfaPhoto GmbH können ihre Ausbildung fortsetzen, solange eine fachgerechte Ausbildung sichergestellt ist.
Neue Perspektiven haben sich in Gesprächen mit Kunden und möglichen Kooperationspartnern für die beiden Produktionsstandorte in München und Peiting ergeben: Nach Gesprächen mit interessierten Investoren sei Jauch zuversichtlich, Technik und Produktion der Großlabore fortführen oder verkaufen zu können, heißt es in einer Pressemitteilung.
„Für den Bereich der Minilaborgeräte zeichnet sich ebenfalls eine Lösung ab, nach der auch hier ein dauerhafter Erhalt möglich scheint. Entsprechende Gespräche mit vor allem amerikanischen Kunden sind viel versprechend. Auf Investorenseite werden wir unsere Gespräche über ein Joint-Venture weiter fortsetzen.“, erklärte Jauch den Stand der Sanierungsbemühungen.
Derzeit wird intensiv geprüft, die Filmproduktion fortzuführen. Geschäftsführung und vorläufiger Insolvenzverwalter hatten zunächst entschieden, die eigene Produktion vorerst noch im August fortzuführen. Ernsthaft geprüft würden nun sämtliche Möglichkeiten, auch weiterhin die Belieferung von Filmen in bewährter AgfaPhoto-Qualität sicherstellen zu können, erklärte das Unternehmen.